Abmahnung wegen Irreführung / irreführenden Angaben in Angeboten und / oder Werbung

Wegen einer irreführenden Werbung wird im Wettbewerbsrecht mit Abstand am häufigsten abgemahnt. Irreführung meint dabei das Hervorrufen eines Irrtums beim Adressaten. Die häufigsten Abmahngründe im Bereich der Irreführung sind Täuschungen des Verbrauchers, die Verbände, Vereine und Kammern, insbesondere Verbraucherschutzverbände mit Abmahnungen versuchen zu unterbinden. Wir erläutern nachfolgend kurz, was eine wettbewerbsrechtlich relevante Irreführung ist und welche typischen Sachverhalte wir in unserer Rechtsanwaltspraxis erleben.

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Wir sind eine u.a. im Gebiet des Wettbewerbsrechts hochspezialisierte Rechtsanwaltskanzlei im Herzen Berlins. Unsere Spezialisierung ist durch einen Fachanwaltstitel im Gewerblichen Rechtsschutz nachgewiesen. Wir blicken mittlerweile auf eine über zehnjährige Kanzleigeschichte zurück. Als Anwälte für das Wettbewerbsrecht haben wir schon hunderte Fälle von Abmahnungen durch Verbände rechtlich begleitet. Mehr über uns erfahren Sie hier: Über uns

1. Was ist eine wettbewerbswidrige Irreführung?

2. Häufiger Abmahngrund: Spitzenstellungsbehauptung und Alleinstellungswerbung

3. Häufiger Abmahngrund: Werbung mit Testurteilen und Testsiegeln

4. Häufiger Abmahngrund: Werbung mit Güte- und Qualitätszeichen

5. Häufiger Abmahngrund: Werbung mit Mondpreisen

6. Häufiger Abmahngrund: Werbung mit falschen wesentlichen Merkmalen von Ware oder Dienstleistung

7. Häufiger Abmahngrund: Blickfangwerbung

1. Stufe: Objektiv falsche Angabe („dreiste Lüge“)
2. Stufe: Irreführende (aber nicht objektiv falsche) Angabe („halbe Wahrheit“)
3. Stufe: Aussagen, die im Blickfang nur indirekt enthalten sind

8. Häufiger Abmahngrund. Werbung mit Selbstverständlichkeiten

 

1. Was ist eine wettbewerbswidrige Irreführung?

Irreführende geschäftliche Handlungen sind gesetzlich gemäß § 5 UWG verboten. Jede geschäftliche Handlung eines Unternehmers, insbesondere jede Werbung, muss wahr und klar sein. Den Unternehmer können zusätzlich Aufklärungspflichten treffen, so dass seine Werbung auch noch vollständig sein muss.

Werbung darf weder unwahre Angaben noch sonstige zur Täuschung geeignete Angaben enthalten. Auch das Verschweigen von wesentlichen Informationen kann unlauter sein. Es liegt dann nach § 5a UWG eine verbotene Irreführung durch Unterlassen vor. Was eine wesentliche Information ist und was nicht, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, u.a. auch vom Werbemedium. So müssen z.B. in der Fernsehwerbung weniger Informationen erteilt werden als in einem konkreten Produktangebot im Online-Handel.

Das Irreführungsverbot zielt nicht nur auf die Werbung (auch wenn sie hier am häufigsten vorkommt), sondern auch auf alle anderen irreführenden geschäftlichen Handlungen, wie z. B. die Täuschung über das Bestehen oder die Höhe einer Forderung, über Gewährleistungs- und Widerrufsrechte, über Zubehör, den Kundendienst und ähnliches.

Irreführend ist eine geschäftliche Handlung eines Unternehmers bereits dann, wenn auch nur ein kleiner, nicht völlig unbeachtlicher Teil der angesprochenen potentiellen Kunden einem Irrtum unterliegen kann. Entscheidend ist hier der Eindruck, den z.B. eine Werbung beim Publikum erweckt. Aus diesem Grund kann selbst eine wahre Aussage irreführend sein, wenn der angesprochene Verkehr gleichwohl einem Irrtum auf Grund dieser Aussage unterliegt.

Grundsätzlich gilt: Der Verbraucher darf keiner Fehlvorstellung unterliegen. Dieses Verbot gilt auch für den Fall, dass der Unternehmer eine solche Fehlvorstellung gar nicht beabsichtigt hat.

Verboten sind übrigens nicht nur Sprachaussagen, auch bildliche Darstellungen können irreführend sein, z.B. die Darstellung von frischem Obst auf einer Lebensmittelverpackung, wenn in dem Lebensmittel gar keine Früchte enthalten sind.

2. Häufiger Abmahngrund: Spitzenstellungsbehauptung und Alleinstellungswerbung

Typische Beispiele für Spitzenstellungsbehauptungen oder Alleinstellungswerbung sind Aussagen wie: „Wir sind die Besten…“, „Das billigste…“, „Der größte…“, „Das älteste…“, „Das meistverkaufte…“, „einzigartig“ oder „unschlagbar“.

Eine solche Werbung ist nur erlaubt, wenn sie auch wahren Gegebenheiten entspricht. Die behauptete Spitzen- oder Alleinstellung muss anhand objektiver Merkmale belegbar sein. Der Werbende muss dabei auch einen deutlichen Vorsprung vor seinen Mitbewerbern haben und der Vorsprung muss von gewisser Dauer (nicht nur vorübergehend) sein. Wenn der abmahnende Verband dies im Gerichtsverfahren in Zweifel zieht, besteht häufig eine Beweislast beim Werbenden.

Gestritten wird häufig über die Frage, ob es sich überhaupt um eine nachprüfbare Angabe handelt, denn bloß nichtssagende Werbeanpreisungen mit Allein- und Spitzenstellungscharakter sind erlaubt (z.B. „Das schönste Kleid“).

Besteht die behauptete Spitzenstellung nicht oder lässt sie sich nicht ausreichend nachweisen, ist die entsprechende Werbung irreführend, unlauter und damit verboten. Es liegt dann ein Verstoß gegen § 5 UWG vor, da über eine Eigenschaft des Unternehmens getäuscht wird. Ein solcher Verstoß kann von Verbänden, Vereinen und Kammern abgemahnt werden.

Nachfolgend listen wir einige Beispiele für Wettbewerbsverfahren um eine Spitzen- oder Alleinstellungsbehauptung auf:

3. Häufiger Abmahngrund: Werbung mit Testurteilen und Testsiegeln

Die Werbung mit Testurteilen und Testsiegeln ist sehr beliebt, weil sie dem angesprochenen Verkehr das Bild vermitteln kann, dass ein Dritter die beworbene Ware oder Dienstleistung geprüft und für gut oder sehr gut befunden hat. Die Werbung mit Testergebnissen ist grundsätzlich erlaubt, es sind allerdings viele Regeln zu beachten. Testwerbung wir deshalb oft als irreführend abgemahnt, weil sie nicht den durch die Rechtsprechung herausgebildeten Vorgaben entspricht. Der Testwerbende muss die Kriterien der Wahrheit, Sachlichkeit, Vollständigkeit Aktualität und Transparenz einhalten.

Zunächst muss der Test von einer unabhängig testenden Institution stammen (z.B. der Stiftung Warentest). Erhält der Testende eine Vergütung vom Unternehmer für die Durchführung und Veröffentlichung des Tests und sei es auch nur mittelbar durch ein Affiliate-System, muss mindestens deutlich in der Testwerbung darauf hingewiesen werden, weil in diesem Fall die Objektivität des Tests infrage steht.

Der Werbende muss grundsätzlich das gesamte Ergebnis, also auch die weniger positiven Aussagen zur Verfügung stellen. Insbesondere ist eine Fundstelle für den zugrunde liegenden Test anzugeben, damit der angesprochene Werbungsempfänger den Test nachvollziehen kann.

Wer die Note „Sehr gut“ erhalten hat, darf immer in dieser Weise werben. Die Werbung mit der Note „Gut“ ist erlaubt, wenn der Werbende in der Gesamtbewertung eines Vergleichstests überdurchschnittlich abgeschnitten hat. Wer trotz der Note „Gut“ unterdurchschnittlich war, darf mit dem Testergebnis nicht werben, wenn dieses nicht im Zusammenhang mit dem Gesamttest dargestellt wird.

Wichtig ist daneben, dass mit Testergebnissen nur geworben werden darf, wenn diese aktuell sind. Auf den Erscheinungszeitpunkt des Testes ist hinzuweisen. Auch ist offen zu legen, wie viele Anbieter insgesamt getestet wurden und wie sich die Testergebnisse verteilen.

Nachfolgend listen wir einige Beispiele für jüngere Wettbewerbsverfahren auf, in denen die Zulässigkeit der Werbung mit Testurteilen und Testsiegeln Gegenstand und der Abmahnende ein Verband, Verein oder eine Kammer war:

4. Häufiger Abmahngrund: Werbung mit Güte- und Qualitätszeichen

Die Werbung mit Prüfzeichen und anderen Auszeichnungen (z. B. Bio-Siegel, „Fairtrade“, „TÜV“, „Öko-Tex“) erfreut sich bei Händlern großer Beliebtheit. Kunden verbinden mit solchen Zeichen objektive Qualitätsstandards. Zudem stufen Kunden derartige Waren häufig als bedenkenlos ein und stehen diesen weniger kritisch gegenüber. Angaben über Prüfzeichen und Qualitätssiegel sind damit in hohem Maße dazu geeignet, den Verkehr von der Güte und Brauchbarkeit einer Ware oder Dienstleistung zu überzeugen. Ähnlich wie bei der Werbung mit Testergebnissen werden an eine Werbung mit Güte- und Qualitätszeichen daher sehr hohe Transparenzerfordernisse gestellt.

Zunächst muss die Werbung mit Güte- und Qualitätszeichen objektiv zutreffend sein. D. h. diese Zeichen müssten für das konkret beworbene Produkt auch so verliehen bzw. zugeteilt worden sein. Nachfolgemodelle dürfen – selbst bei nur geringen Änderungen – nicht ohne eine erneute Prüfung mit Prüfzeichen beworben werden, die ihren Vorgängern zugeteilt wurden. Wer ein Güte- und Qualitätszeichen ohne die erforderliche Genehmigung verwendet, handelt stets unlauter und begibt sich in erhebliche Abmahngefahr. Darauf, ob eine entsprechende Prüfung zur Verleihung des behaupteten Zeichens geführt hätte, kommt es nicht an.

Die Annahme eines Gütezeichens setzt ferner voraus, dass gewisse Objektivitätsstandards bei der Prüfung der Qualität eingehalten wurden. So scheidet eine Zulässigkeit aus, wenn sich die Auszeichnung nicht anhand objektiver Prüfkriterien beurteilt oder lediglich von finanzieller Zuwendung abhängt.

Um den hohen Transparenzerfordernissen zu genügen, müssen dem Verbraucher im Zusammenhang mit der Werbung mit Güte- und Qualitätszeichen alle nötigen Informationen geliefert werden, damit dieser sich dadurch ggf. bei der Prüfstelle weitere Informationen zur Prüfung bzw. Beurteilung einholen kann.

Wichtig ist zunächst, dass die Stelle, welche die Prüfung des Produkts vorgenommen hat, eindeutig identifizierbar benannt wird. Es reicht daher beispielweise nicht, nur „TÜV“ anzugeben, da es den „einen“ TÜV nicht gibt. Die völlig pauschale Werbung mit einer Prüfung durch den TÜV, ist bei den Abmahnern besonders beliebt. Um rechtsicher mit einem Zeichen werben zu können, müsste an dieser Stelle vielmehr die konkrete Prüfstelle samt Anschrift und Website benannt werden. Sind Infos zur erfolgten Prüfung online einsehbar, müsste die „Fundstelle“ hierzu ebenfalls angegeben werden (z.B. durch Verlinkung auf den Prüfbericht bzw. das Prüfzertifikat).

Der Verbraucher muss ferner erkennen können, was konkret geprüft wurde. Wurden nur einzelne Teile einer Ware bzw. einzelne Waren aus einem Warenset der beworbenen Prüfung unterzogen, muss dies in der Werbung deutlich kenntlich gemacht werden. So kann beispielweise ein Bäckereiprodukt nicht allgemein mit einem Bio-Siegel beworben werden, wenn es auch Zutaten enthält, die nicht aus dem ökologischen Landbau stammen.

Darüber hinaus muss der Verbraucher darüber informiert werden, wann die Prüfung vorgenommen wurde und nach welchen Kriterien sie erfolgte. Hierfür müssten zumindest das Jahr der Prüfung sowie der Prüfungsmaßstab (wurden z. B. nur Gebrauchstauglichkeit oder Sicherheitsaspekte erfasst) angegeben werden. Dies müsste entweder direkt auf der Angebotsseite oder zumindest durch eine Verlinkung auf entsprechende Erläuterungsseiten der Prüfstelle erfolgen. Zertifikat oder Zertifikatsnummer (bzw. der Name des Zertifikatsinhabers, wenn der Händler nicht selbst Inhaber des Prüfzertifikats ist) sollten ebenfalls angegeben werden, da der Kunde so am einfachsten an weitere Informationen zur erfolgten Prüfung kommen kann.

Nachfolgend listen wir einige Beispiele für Wettbewerbsverfahren auf, in denen die Zulässigkeit der Werbung mit Güte- und Qualitätszeichen Gegenstand und der Abmahnende ein Verband, Verein oder eine Kammer war:

5. Häufiger Abmahngrund: Werbung mit Mondpreisen

Preisgegenüberstellungen sind gerade im Online-Handel ein beliebtes Mittel, um die eigenen Preise besonders attraktiv erscheinen zu lassen. Dabei wird der eigene Preis dadurch hervorgehoben, dass er einem anderen, höheren Preis gegenübergestellt wird, der zur Verdeutlichung des Preisvergleichs durchgestrichen ist. Bei den angesprochenen Personen soll damit der Eindruck erweckt werden, dass es sich um ein besonders günstiges Angebot handelt. Eine solche Preiswerbung ist jedoch nicht immer zulässig und wird oft als irreführend abgemahnt. Verboten ist insbesondere Werbung mit sog. „Mondpreisen“.

Mondpreise sind erhöhte Preise, die der Unternehmer nicht ernsthaft verlangt hat. Die erhöhten Preise werden nur angegeben, um mit einer deutlichen Preisreduzierung werben zu können. Damit wird beim Verbraucher der Eindruck erweckt, es werde ein besonders großer Preisnachlass gewährt. Eine Werbung mit einer derartigen Preissenkung ist stets irreführend.

Werbung mit einer Preisherabsetzung ist ferner auch irreführend, wenn die Preissenkung schon lange zurückliegt und den angesprochenen Verkehrskreisen daher die Aktualität der Preissenkung vorgetäuscht wird sowie auch dann, wenn der ursprüngliche (durchgestrichene) Preis nur für eine unangemessen kurze Zeit gefordert worden ist. Die Fristen hierfür variieren je nach Art des Produkts und der Werbung.

Typische Beispiele für unzulässige Werbung mit Mondpreisen sind z. B.:

  • Der Händler setzt erst den Preis hoch, um ihn dann sofort (oder sehr kurze Zeit später) rot durchzustreichen und den aktuellen Preis dem gegenüber besonders günstig erscheinen zu lassen, obwohl der jetzt geforderte Preis dem Normalpreis oder dem vor der künstlichen Preisheraufsetzung entspricht.
  • Die Ware kommt von Anfang an mit einem Preisschild in den Laden, bei dem ein Preis durchgestrichen wurde und mit hohen Prozenten (z. B. 20 % reduziert) geworben wird, obwohl die Ware zu dem durchgestrichenen Preis nie angeboten wurde.

Mehr über die Abmahngründe rund um das Thema „Preisangaben“ erfahren Sie in der Rubrik „Häufige Abmahngründe“ auf der Unterseite „Abmahnung Preisangabe“.

Nachfolgend listen wir einige Beispiele für Wettbewerbsverfahren um eine Werbung mit irreführenden Preisen auf:

  • Wettbewerbsverstoß, wenn ein Second-Hand-Onlineshop mit der Aussage „bis zu 90 % unter dem Neupreis“ wirbt, für die Angabe des jeweiligen Neupreises jedoch keine tatsächliche Preisrecherche betreibt, sondern es sich um einen aus der Luft gegriffenen Vergleichspreis handelt, LG Berlin, Urteil vom 20. Dezember 2019, Az. 15 O 50/18,
  • Wettbewerbsverstoß, wenn in Prospekten für Rabatte mit durchgestrichenen Preisen oder mit höheren „Werbepreisen“ beworben wird, wenn diese nicht vor der Aktion für eine angemessene Zeit ernsthaft von Kunden gefordert wurden, OLG München, Urteil vom 17. Januar 2019, Az. 29 U 3848/17,
  • Wettbewerbsverstoß, wenn in der Werbung dem verlangten Preis ein durchgestrichener, als „UVP (unverbindliche Preisempfehlung)“ bezeichneter höherer Preis gegenübergestellt wird, der höhere Preis jedoch nicht vom einem Dritten, nämlich dem Hersteller, sondern vom Anbieter selbst festgelegt wurde, OLG Frankfurt, Urteil vom 03. März 2016, Az. 6 U 94/14.

6. Häufiger Abmahngrund: Werbung mit falschen wesentlichen Merkmalen von Ware oder Dienstleistung

Marketingvorgaben gehen oft an die Grenze des Zulässigen und schreiben den beworbenen Produkten bestimmte besonders vorteilhafte Eigenschaften zu. Die Grenze zur unzulässigen Werbung ist dabei erreicht und eine Irreführung liegt vor, wenn falsche oder verschleiernde Angaben zu wesentlichen Merkmalen der Ware oder Dienstleistung gemacht werden. In diesem Fall droht eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung. Die Irreführung kann sich dabei nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG insbesondere auf folgende Umstände beziehen:

Verfügbarkeit, Art, Ausführung, Vorteile, Risiken, Zusammensetzung, Zubehör, Verfahren oder Zeitpunkt der Herstellung, Lieferung oder Erbringung, Zwecktauglichkeit, Verwendungsmöglichkeit, Menge, Beschaffenheit, Kundendienst und Beschwerdeverfahren, geographische oder betriebliche Herkunft, von der Verwendung zu erwartende Ergebnisse oder die Ergebnisse oder wesentlichen Bestandteile von Tests der Waren oder Dienstleistungen.

Diese Dinge sind allesamt produktbezogen und betreffen die Merkmale der Ware oder Dienstleistung. Der Werbende soll in Bezug auf das Produkt keine falschen Versprechungen machen.

Irreführend sind danach beispielweise die sog. „Lockvogelangebote“ (Umstand „Verfügbarkeit“), in welchem dem Verbraucher eine ausreichende Menge und sofortige Verfügbarkeit eines Produkts bei tatsächlich nur geringem Vorrat angepriesen wird.

Unter der „Beschaffenheit“ eines Produkts oder eine Leistung sind dabei alle Umstände zu verstehen, die für die Wertschätzung dieses Produkts oder dieser Leistung bedeutungsvoll sein können, z.B.: Alter, Echtheit, Reinheit, Wirkung, Inhaltsstoffe, Qualität etc. D. h. werden einer Ware oder Dienstleistung beispielweise besondere Wirkungen oder Verwendungsmöglichkeiten zugesprochen, dann müssen diese auch zutreffen. Wird eine Ware oder Dienstleistung als „neu“ beworben, dann darf sie auch nicht alt oder gebraucht sein. Eine Irreführung liegt aber auch vor, wenn ein Produkt als „umweltfreundlich“ angepriesen wird, obwohl es sich von anderen vergleichbaren Produkten hinsichtlich der Umweltverträglichkeit nicht abhebt. Grundsätzlich müssen alle im Angebot oder der Werbung angegebenen Beschaffenheitsmerkmale der Wahrheit entsprechen.

Auch das Verschweigen von wesentlichen Beschaffenheitsmerkmalen kann unlauter sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn den Werbenden eine Aufklärungspflicht trifft. Die Aufklärungspflicht kann sich z. B. aus gesetzlichen Vorschriften, nach denen bestimmte Angaben verpflichtend sind, ergeben. Solche Vorschriften sind z.B.: Diätverordnung (DiätV), Lebensmittelkennzeichnungsverordnung (LMKV) und Textilkennzeichnungsgesetz (TextilKennzG). Macht der Werbende die notwendigen Angaben zur Beschaffenheit nicht, obwohl er hierzu verpflichtet ist, wird der Verkehr durch Unterlassen in die Irre geführt.

Nachfolgend listen wir einige Beispiele für Wettbewerbsverfahren auf, in denen Werbung mit falschen wesentlichen Merkmalen von Ware oder Dienstleistung Gegenstand und der Abmahnende ein Verband, Verein oder eine Kammer war:

  • Wettbewerbsverstoß, wenn „(Maracuja-) Nektar“ als „(Maracuja-) Saft“ beworben wird, denn die mit den Begriffen „Saft“ und „Nektar“ angesprochene Frage des Fruchtsaftgehalts betrifft ein „wesentliches Merkmal“ der Ware i.S.v.  5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG, nämlich deren – stoffliche – „Beschaffenheit“, OLG Rostock, Urteil vom 25. September 2019, Az. 2 U 22/18,
  • Wettbewerbsverstoß, wenn Arzneimittel mit gesundheitsbezogenen Wirkungsaussagen beworben werden (hier: „schmerzlindernd bei Arthrose“ und „entzündungshemmend“), die betreffenden Aussagen vom Werbenden jedoch nicht wissenschaftlich belegt wurden, OLG Düsseldorf, Urteil vom 22. August 2019, Az. I-2 U 38/18,
  • Bezeichnung eines Produkts als „Das Original“ suggeriert dem angesprochenen Verkehrskreis, dass es sich bei dem Produkt um das erste Produkt dieser Art handelt, das möglicherweise nachgeahmt wird, jedenfalls aber am längsten am Markt sei. Trifft dies nicht zu, ist die Werbeaussage aufgrund falscher Beschaffenheitsangabe zur Irreführung geeignet, OLG Celle, Urteil vom 04. September 2018, Az. 13 U 77/18,
  • Wettbewerbsverstoß, wenn das für einen bestimmten Zweck angepriesene Produkt nicht in der Lage ist, diesen zu erfüllen, LG Potsdam, Urteil vom 20.05.2015, Az. 52 O 136/13.

7. Häufiger Abmahngrund: Blickfangwerbung

Unter Blickfangwerbung versteht man das Herausstellen einzelner Werbeaussagen gegenüber dem Rest einer Werbung. Eine solche Gestaltung soll die Aufmerksamkeit des Kunden besonders auf einzelne (positive) Aussagen lenken. Negative oder relativierende Eigenschaften hingegen geraten oft in den Hintergrund. Das Herausstellen kann dabei durch eine besonders große Schriftart, farbliche Betonung oder durch die Anordnung der Aussage erfolgen. Grundsätzlich ist Blickfangwerbung zulässig. Die Grenze zur Unzulässigkeit ist aber überschritten und die Abmahngefahr dementsprechend hoch, wenn der Blickfang eine Fehlvorstellung auslöst, die nicht entkräftet wird. Eine Irreführung kann entweder durch eine unrichtige Aussage oder durch das Vorenthalten wichtiger Informationen entstehen.

Nach aktueller Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann Blickfangwerbung in drei Fallgruppen eingeteilt werden, welche dann entsprechend unterschiedlich zu bewerten sind.

1. Stufe: Objektiv falsche Angabe („dreiste Lüge“)

Wenn dem Blickfang für sich genommen eine objektive Unrichtigkeit („dreiste Lüge“) zugrunde liegt und für die Aussage kein vernünftiger Anlass besteht, kann auch ein klarstellender Hinweis nicht mehr helfen. Eine Werbung mit „dreister Lüge“ im Blickfang ist daher stets unzulässig.

Beispiel: Eine Werbung behauptet, es gebe 20 % Rabatt auf das gesamte Sortiment, obwohl dies nicht zutrifft. Selbst wenn der Verbraucher mit einem klarstellenden Sternchenhinweis darauf hingewiesen wird, dass das Angebot für bestimmte Waren nicht gilt, bleibt die Werbeaussage falsch und ist insgesamt als irreführend zu bewerten.

Hierbei muss allerdings beachtet werden, dass die von der Rechtsprechung geschaffene Begrifflichkeit „dreiste Lüge“ etwas unglücklich ist, denn es kommt nicht darauf an, dass der Werbende weiß, dass seine Angabe im Blickfang objektiv falsch ist.

2. Stufe: Irreführende (aber nicht objektiv falsche) Angabe („halbe Wahrheit“)

Enthält der Blickfang keine dreiste Lüge, sondern eine nicht ganz richtige oder unscharfe Aussage, so kann diese Aussage durch klarstellende und unmissverständliche Angaben aufgeklärt werden.

Beispiel: Eine Werbung behauptet, es gebe 20 % Rabatt auf das gesamte Sortiment, jedoch gilt das nur ab einem bestimmten Bestellwert.

Der klarstellende Hinweis hat in aller Regel durch einen sog. Sternchenhinweis oder eine Fußnote zu erfolgen, der auch selbst am Blickfang teilhat. Nicht ausreichend hingegen ist der Verweis auf an anderer Stelle aufrufbare vollständige Angebotsinformationen wie z. B. im Internet. Hiervon gibt es jedoch Ausnahmen. Zum Beispiel, wenn zu erwarten ist, dass der Verbraucher einen solchen Hinweis auch außerhalb des Blickfangs zur Kenntnis nimmt. Ein Sternchenhinweis ist ebenfalls dann nicht erforderlich, wenn gesichert ist, dass der angesprochene Verkehr die Erläuterungen auch ohne ihn zur Kenntnis nimmt (beispielsweise bei hochpreisiger Ware). Diese Ausnahmefälle sollten jedoch mit äußerster Vorsicht behandelt werden!

Wird ein sog. Sternchenhinweis oder Fußnote in den Blickfang gesetzt, muss die Auflösung hinreichend deutlich und lesbar positioniert sein.

3. Stufe: Aussagen, die im Blickfang nur indirekt enthalten sind

Fehlvorstellungen, die durch nur mittelbar im Blickfang enthaltene Aussagen enthalten sind, können unter Umständen durch allgemeine Hinweise bereinigt werden.

Beispiel: Durch eine Prospektwerbung entsteht beim Verbraucher der Eindruck, das Produkt stehe beim Händler abholbereit zur Verfügung. Diese Vorstellung kann durch einen allgemeinen Hinweis in der Fußzeile ausgeräumt werden: „Keine Mitnahmegarantie. Sofern nicht vorhanden, gleich bestellen. Wir liefern umgehend”.

Die rechtlich komplexen Fälle finden vor allem auf der Stufe 2 statt, wo im Blickfang irreführende Aussagen enthalten sind, die einer Korrektur bedürfen. Hier kommt es dann entscheidend darauf an, welche Aufmerksamkeit und Informiertheit dem Verbraucher zu unterstellen ist. Im Grundsatz muss sich der Kunde auf die Vollständigkeit und Richtigkeit einer Aussage zum Zeitpunkt des Kaufs einer Ware oder Dienstleistung verlassen können, wenn diese auf den ersten Blick vollständig wirkt.

Nachfolgend listen wir einige Beispiele für Wettbewerbsverfahren auf, in denen Zulässigkeit der Blickfangwerbung Gegenstand und der Abmahnende ein Verband, Verein oder eine Kammer war:

8. Häufiger Abmahngrund. Werbung mit Selbstverständlichkeiten

In Zeiten hart umkämpfter Online-Märkte ist es für den einzelnen Händler sehr wichtig geworden, sich von anderen Anbietern abzuheben. Gerne wird dabei in der Werbung auf Formulierungen zurückgegriffen, die dem Verbraucher ohnehin von Gesetzes wegen zustehende Rechte betonen. Häufig anzutreffen sind dabei Aussagen wie „2 Jahre Gewährleistung“, „Wir tragen das Versandrisiko“ oder „14 Tage Geld-zurück-Garantie“. Sofern Händler mit ihren Werbeaussagen auf gesetzliche Rechte des Verbrauchers Bezug nehmen, müssen sie bei Wortwahl und Gestaltung dieser Werbung besonders vorsichtig sein. Denn die Grenze zur unzulässigen Werbung mit Selbstverständlichkeiten ist hier schnell überschritten.

Auch wenn bei der Werbung mit Selbstverständlichkeiten mit objektiv Richtigem geworben wird, wie etwa Produkteigenschaften oder die Umstände der Vertragsabwicklung, kann die Angabe unzulässig sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn Verbraucher mit Aussagen konfrontiert werden, die ihre gesetzliche Rechte als Besonderheit des Angebots herausstellen. Wird dabei der Eindruck erweckt, dass der Händler hier etwas „Besonderes“ bietet, obwohl eigentlich nur der gesetzliche Mindeststandard erfüllt wird (d. h. die Leistung wäre auch bei jedem anderen Händler erhältlich), liegt eine Irreführung vor und die Werbung kann abgemahnt werden.

Bei der Frage, wann eine Werbeaussage mit Bezug auf gesetzliche Rechte des Verbrauchers als „Besonderheit“ zu werten ist, stellt die Rechtsprechung oftmals auf die grafische Gestaltung der Werbeaussage ab: Ist die Aussage blickfangmäßig hervorgehoben, spricht dies für eine Herausstellung der Aussage als Besonderheit.

Aber auch die Wortwahl spielt bei der Beurteilung eine entscheidende Rolle: Wirbt der Händler etwa mit der Aussage „„Es gilt selbstverständlich die gesetzliche Gewährleistung von zwei Jahren“, wird durch den Zusatz „selbstverständlich“ eine in aller Regel ausreichend Relativierung erreicht. Bei der Formulierung „Bei uns erhalten Sie eine Gewährleistung von 2 Jahren“, ist die Grenze zur unzulässigen Werbung jedoch überschritten, da der Verbraucher dies nur so verstehen kann, als erhalte er etwas Besonderes.

Weitere typische Beispiele für derartige unzulässige Werbeaussagen sind:

  • Sie erhalten eine Rechnung mit ausgewiesener Mehrwertsteuer
  • Wir verkaufen nur Originalware! (bzw. 100 % Original)
  • Alle vom Ausland eingeführten Artikel werden ordentlich verzollt!
  • eBay-Gebühren trägt der Verkäufer/ zahle ich
  • CE-geprüft
  • Ihr Paket ist gegen Transportschäden oder Verlust versichert! (versichertet Versand)

Die Frage, wann eine unzulässige Werbung mit Selbstverständlichkeiten vorliegt und wann die Werbung (noch) zulässig ist, bedarf letztlich stets einer Einzelfallprüfung.

Nachfolgend listen wir einige Beispiele für Wettbewerbsverfahren auf, in denen Werbung mit Selbstverständlichkeiten Gegenstand und der Abmahnende ein Verband, Verein oder eine Kammer war: