Abmahnung Widerrufsrecht / Widerrufsbelehrung / Widerruf

Das Widerrufsrecht für Verbraucher gehört zu den Kernrechten bei Fernabsatzgeschäften. Für den Unternehmer und Händler ist das Widerrufsrecht naturgemäß ein Ärgernis, da die Rückabwicklung von widerrufenen Verträgen Aufwand und Kosten verursacht. Aus diesem Grund haben unterschiedlichste Verkäufer und Händler, groß wie klein, in der Vergangenheit immer wieder versucht, das Widerrufsrecht auszuschließen oder einzuschränken. Das Widerrufsrecht ist allerdings zwingendes Recht und die Beschneidung dieses Verbraucherrechts kann wettbewerbsrechtliche Abmahnungen – auch und insbesondere von Verbänden – zur Folge haben. Die Pflicht zur Erteilung einer Widerrufsbelehrung an den Verbraucher ist gesetzlich formalisiert; falsche oder lückenhafte Belehrungen kommen in der Praxis häufig vor und können ebenfalls abgemahnt werden. Bei den gesetzlichen Bestimmungen zum Widerrufsrecht handelt es sich um Marktverhaltensregelungen, so dass Verstöße nach § 3a UWG (Rechtsbruch) geahndet werden können (vgl. nur OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.11.2014, Az.: 15 U 46/14). Fehlende notwendige Informationen zum Widerrufsrecht können zudem gemäß § 5a Abs. 2 UWG (Vorenthaltung einer wesentlichen Information) abgemahnt werden.

Wir geben nachfolgend einen Überblick über die häufigsten Abmahngründe im Bereich Widerrufsrecht / Widerrufsbelehrung.

Sie haben eine Abmahnung wegen Fehlern beim Widerrufsrecht oder bei der Widerrufsbelehrung erhalten? Lassen Sie sich von uns beraten und vertreten. Wir helfen gern.

Wir sind eine u.a. im Gebiet des Wettbewerbsrechts hochspezialisierte Rechtsanwaltskanzlei im Herzen Berlins. Unsere Spezialisierung ist durch einen Fachanwaltstitel im Gewerblichen Rechtsschutz nachgewiesen. Wir blicken mittlerweile auf eine über zehnjährige Kanzleigeschichte zurück. Als Anwälte für das Wettbewerbsrecht haben wir schon hunderte Fälle von Abmahnungen durch Verbände rechtlich begleitet. Mehr über uns erfahren Sie hier: Über uns

1. Grundlagen des Widerrufsrechts

2. Häufiger Abmahngrund: Unzulässiger Haftungsausschluss

3. Häufiger Abmahngrund: Fehlende oder versteckte Widerrufsbelehrung

4. Häufiger Abmahngrund: Veraltete oder fehlerhafte und/oder widersprüchliche Widerrufsbelehrung

5. Häufiger Abmahngrund: Falsche Widerrufsfrist

 

1. Grundlagen des Widerrufsrechts

Den Verbrauchern steht bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und im Fernabsatz nach § 312g BGB ein Widerrufsrecht zu. In § 312g Abs. 2 BGB sind Verträge genannt, bei denen der Verbraucher ausnahmsweise kein Widerrufsrecht hat, dies sind z.B.

  • Verträge zur Lieferung von verderblicher Ware,
  • Verträge zur Lieferung von Waren, die nicht vorgefertigt sind und nach Kundenspezifikation hergestellt werden,
  • Verträge zur Lieferung von Ton- oder Videoaufnahmen oder Computersoftware in einer versiegelten Packung, wenn die Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde,
  • Verträge zur Beherbergung von Personen, zur Beförderung von Waren, Kraftfahrzeugvermietung sowie zur Lieferung von Speisen und Getränken.

Diese Ausnahmen sind eng auszulegen; für die große Mehrheit der im Fernabsatz geschlossenen Verträge gilt also das Widerrufsrecht. So hat z.B. der BGH entschieden, dass auch Matratzenkäufe unter das Widerrufsrecht fallen und nicht etwa dem Ausnahmetatbestand des § 312g Abs. 2 Nr. 3 BGB (Hygieneartikel) unterfallen (BGH, Urteil vom 03.07.2019, Az.: VIII ZR 194/16).

Steht den Verbrauchern ein Widerrufsrecht nach § 312g BGB zu, trifft den Unternehmer eine Vielzahl von Informationspflichten. Insbesondere muss er den Verbraucher gemäß Art. 246a § 1 Abs. 2 EGBGB aufklären über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts gemäß § 355 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie das Muster-Widerrufsformular gemäß Anlage 2 (Pflicht zur Belehrung über das Widerrufsrecht).

Die Widerrufsfrist beträgt gemäß § 355 Abs. 2 BGB 14 Tage. Zur Fristwahrung genügt nach § 355 Abs. 1 S. 5 BGB die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.

2. Häufiger Abmahngrund: Unzulässiger Widerrufsausschluss

Es ist nicht zulässig, dass gesetzliche Widerrufsrecht auszuschließen. Wer dies dennoch tut (sei es in AGB oder faktisch), riskiert eine Abmahnung, auch von abmahnbefugten Verbänden, Vereinen und Kammern.

In § 312g Abs. 2 BGB sind allerdings einige Ausnahmen von Verträgen genannt, bei denen dem Verbraucher ausnahmsweise kein Widerrufsrecht zusteht. Ferner kann das Widerrufsrecht bei bestimmten Verträgen vorzeitig erlöschen, so z.B. bei Dienstleistungen, wenn diese mit ausdrücklicher Zustimmung des Verbrauchers vorzeitig vollständig erbracht werden, § 356 Abs. 4 BGB. Der Unternehmer hat in diesen Fällen den Verbraucher aber ausdrücklich darüber aufzuklären, dass kein Widerrufsrecht besteht oder es vorzeitig erlöschen kann (vgl. nur LG Oldenburg, Urteil vom 13.03.2015, 12 O 2150/14).

Die Ausnahmen vom Widerrufsrecht sind eng auszulegen. In der Vergangenheit waren Gerichte immer wieder damit beschäftigt, zu prüfen, ob eine bestimmte Ware oder ein bestimmtes Geschäftsmodell unter eine der genannten Ausnahmen fällt. Wir stellen nachfolgend einige prominente Beispiele dar.

Immer wieder berufen sich Unternehmer darauf, dass das Widerrufsrecht deshalb ausgeschlossen ist, weil eine Ware zu liefern ist, die nach Kundenspezifikation angefertigt wird (§ 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB. Nicht jedwede Individualisierung nach Kundenwunsch fällt aber unter diese Ausnahme. Der BGH hat bereits im Jahr 2003 entschieden, dass dieser Ausschluss nur greift, „wenn der Unternehmer durch die Rücknahme auf Bestellung angefertigter Ware erhebliche wirtschaftliche Nachteile erleidet, die spezifisch damit zusammenhängen und dadurch entstehen, dass die Ware erst auf Bestellung des Kunden nach dessen besonderen Wünschen angefertigt wurde“ (BGH, Urteil vom 19.03.2003, Az.: VIII 295/01).

In den folgenden Fällen wurde der Ausschluss des Widerrufsrechts z.B. nicht anerkannt:

 

Häufig sind auch Widerrufsausschlüsse, weil schnell verderbliche Waren geliefert werden (z.B. frisches Obst, Gemüse), § 312g Abs. 2 Nr. 2 BGB, oder weil sich die Waren aus gesundheitlichen oder hygienischen Gründen nicht zur Rückgabe eignen, § 312g Abs. 2 Nr. 3 BGB. Auch hierüber wird oft gestritten. In den folgenden Fällen wurde der Ausschluss des Widerrufsrechts z.B. ebenfalls nicht anerkannt:

Bei Sexspielzeug mit Anbringung eines Hygienesiegels besteht nach dem OLG Hamm allerdings die Möglichkeit, das Widerrufsrecht bei gebrochenem Siegel auszuschließen (OLG Hamm, Urteil vom 22.11.2016, Az.: 4 U 65/15).

Die Möglichkeit des Ausschlusses des Widerrufsrechts sollte nach allem stets sorgfältig von einem Rechtsanwalt geprüft werden. Schließt ein Unternehmer das Widerrufsrecht ohne Rechtsgrundlage aus, kann dies wettbewerbsrechtliche Abmahnungen nach sich ziehen.

3. Häufiger Abmahngrund: Fehlende oder versteckte Widerrufsbelehrung

Fehlende oder unzureichend kommunizierte Widerrufsbelehrungen sind immer wieder Gegenstand wettbewerbsrechtlicher Abmahnungen. Die Rechtsprechung ist hier tendenziell streng und verbraucherschützend. Im Falle des Vorgehens eines Verbraucherschutzverbandes gegen einen Unternehmer wegen einer gänzlich fehlenden Widerrufsbelehrung hat das OLG Frankfurt sogar einen höheren Streitwert als üblich angenommen, weil das Interesse des Verbandes an der Unterlassung stärker zu gewichten sei, als das entsprechende Interesse eines Mitbewerbers (OLG Frankfurt, Beschluss vom 15.01.2020, Az.: 6 W 119/19).

Nachfolgend listen wie einige „Klassiker“ für fehlende oder fehlerhaft übermittelte Widerrufsbelehrungen auf, die die Gerichte bereits als unzulässig angesehen haben:

4. Häufiger Abmahngrund: Veraltete oder fehlerhafte und/oder widersprüchliche Widerrufsbelehrung

Unternehmern ist generell zu empfehlen, die amtliche Musterwiderrufsbelehrung zu verwenden, um fehlerhafte Belehrungen möglichst zu vermeiden. Das Widerrufsrecht hat seit seiner Einführung mehrere Reformen durchlebt, so dass sich die Anforderungen an vollständige und korrekte Widerrufsbelehrungen mehrmals änderten. Die letzte Reform des Widerrufsrechts trat am 14.06.2014 in Kraft. Gleichwohl finden sich noch heute vielfach veraltete, wettbewerbswidrige Widerrufsbelehrungen – vornehmlich in Online-Angeboten – die zumeist, weil sie der aktuellen Rechtslage nicht entsprechen, abgemahnt werden können (vgl. nur OLG Hamm, Urteil vom 13.10.2001, Az.: 4 U 99/11). Das OLG Hamm hat insbesondere festgestellt, dass es sich bei der Verwendung einer veralteten Widerrufsbelehrung nicht um eine bloße Bagatelle handelt.

Selbst aber bestimmte Details der aktuell gültigen Musterwiderrufsbelehrung sind teilweise noch immer unklar. Umstritten war z.B., ob der Unternehmer eine Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung angeben muss, wenn er eine Telefonnummer auch sonst auf seinem Online-Auftritt (z.B. im Impressum) prominent benennt. Der BGH neigte dieser Annahme zu und hatte ein Verfahren ausgesetzt, um den Europäischen Gerichtshof (EuGH) entscheiden zu lassen (BGH, Beschluss vom 07.03.2019, Az.: I ZR 169/17). Der EuGH hat die Pflicht zur Angabe der Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung bestätigt, wenn diese auch sonst auf der Webseite angegeben ist (EuGH, Urteil vom 14.05.2020, Az.: C-266/19).

Unzulässig sind auch widersprüchliche Angaben in Widerrufsbelehrungen. Das OLG Hamm hat die Nennung von zwei verschiedenen Widerrufsempfängern in zwei Widerrufsbelehrungen als widersprüchliche Angaben eingestuft und damit einen Verstoß gegen die Belehrungspflicht in klarer und verständlicher Weise angenommen (OLG Hamm, Urteil vom 30.11.2017, Az.: 4 U 88/17).

Unzulässig kann auch die Überfrachtung der Widerrufsbelehrung mit nicht notwendigen Informationen sein (LG Bochum, Urteil vom 04.05.2016, Az.: 12 O 179/15).

5. Häufiger Abmahngrund: Falsche Widerrufsfrist

Falsche oder widersprüchliche Widerrufsfristen bedeuten ein großes Abmahnrisiko. Die gesetzliche Widerrufsfrist bei Verbraucherverträgen beträgt 14 Tage (§ 355 Abs. 2 BGB). Zwischen Unternehmer und Verbraucher kann allerdings eine längere Widerrufsfrist vereinbart werden.

Wichtig ist, den Verbraucher über den korrekten Beginn der Widerrufsfrist aufzuklären. So beginnt bei Warenkäufen, vereinfacht formuliert, die Frist nicht zu laufen, bevor der Verbraucher die Ware nicht erhalten hat. Im Übrigen beginnt die Widerrufsfrist mit Vertragsschluss, soweit nicht gesetzlich etwas anderes bestimmt ist (§ 355 Abs. 2 BGB) und sofern der Verbraucher korrekt belehrt wurde (§ 356 Abs. 3 BGB). Es ist also stets zu prüfen, welche Verträge der Unternehmer wie mit Verbrauchern schließt und wie er seine Leistung erbringt. Auf dieser Grundlage kann der korrekte Zeitpunkt für den Beginn der Widerrufsfrist ermittelt werden, über den dann belehrt werden muss.

Nachfolgend listen wir einige „Klassiker“ abgemahnter Fehler bei der Widerrufsfrist auf:

 

Sie haben eine Abmahnung wegen Fehlern bei der Einhaltung des Widerrufsrechts erhalten? Melden Sie sich gern bei uns. Wir sind eine auf wettbewerbsrechtliche Abmahnungen spezialisierte Rechtsanwaltskanzlei. Mehr über uns erfahren Sie hier: Über uns. Wir können Sie zur Berechtigung der Abmahnung und zu den notwendigen Folgeschritten beraten und verteidigen Sie. Beachten Sie unbedingt die in der Abmahnung gesetzten Fristen, denn sonst können teure, ggf. vermeidbare Gerichtsverfahren drohen.