Abmahnung wegen HWG-Verstößen (Heilmittelwerbegesetz)

Das HWG (Heilmittelwerbegesetz) ist das wichtigste Gesetz im Heilmittelwerberecht, also insbesondere der Werbung mit gesundheitsbezogenen Angaben für Heilmittel. Die Werbung für Heilmittel (im Wesentlichen: Arzneimittel, Medizinprodukte und andere Mittel zur Heilung/Linderung von Krankheiten) ist in Deutschland besonders geregelt.

Dies hat seinen wesentlichen Grund in der Tatsache, dass irreführende Werbung in diesem Bereich mit besonderen Gefahren für die Gesundheit der angesprochenen Verbraucher verbunden sein kann. Das Heilmittelwerberecht ist deshalb wesentlich strenger als das „normale“ Werberecht. Abmahnungen wegen der Werbung für Heilmittel sind sehr häufig; auf diesem Gebiet ist insbesondere der Verband sozialer Wettbewerb e.V. (VSW) sehr aktiv.

Sie haben eine Abmahnung wegen eines Verstoßes gegen das HWG erhalten? Melden Sie sich gern bei uns. Wir sind eine auf wettbewerbsrechtliche Abmahnungen spezialisierte Rechtsanwaltskanzlei. Mehr über uns erfahren Sie hier: Über uns. Wir können Sie zur Berechtigung der Abmahnung und zu den notwendigen Folgeschritten beraten und verteidigen Sie. Beachten Sie unbedingt die in der Abmahnung gesetzten Fristen, denn sonst können teure und ggf. vermeidbare Gerichtsverfahren drohen.

Nachfolgend geben wir einen kleinen Überblick über die abmahnrelevanten Regelungen des HWG und häufige Abmahngründe:

Inhaltsverzeichnis

1. Was regelt das HWG?

2. Warum können Verstöße gegen das HWG durch Verbände abgemahnt werden?

3. Häufiger Abmahngrund: Irreführende Werbung mit nicht vorhandenen Wirkungen

4. Häufiger Abmahngrund: Versprechen eines Therapieerfolgs

5. Häufiger Abmahngrund: Werbung mit (nicht)wissenschaftlichen Studien

6. Häufiger Abmahngrund: Verbotene Werbung außerhalb der Fachkreise

1. Was regelt das HWG?

Für den Bereich des Heilmittelwerberechts trifft das HWG verschiedene werbeeinschränkende Regelungen. Unter die Vorschriften des Gesetzes fallen nach § 1 Abs. 1 HWG:

  • Arzneimittel im Sinne des 2 des Arzneimittelgesetzes,
  • Medizinprodukte im Sinne des 3 des Medizinproduktegesetzes,
  • andere Mittel, Verfahren, Behandlungen und Gegenstände, soweit sich die Werbeaussage auf die Erkennung, Beseitigung oder Linderung von Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhaften Beschwerden bei Mensch oder Tier bezieht, sowie operative plastisch-chirurgische Eingriffe, soweit sich die Werbeaussage auf die Veränderung des menschlichen Körpers ohne medizinische Notwendigkeit bezieht.

Interessant ist vor allem die letzte Alternative; ein Auffangtatbestand, der alle Produkte zu Heilmitteln erklärt, solange diese als solche vermarktet werden („…soweit sich die Werbeaussage auf die Erkennung, Beseitigung oder Linderung von Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhaften Beschwerden bei Mensch oder Tier bezieht…“). Es kommt dabei nicht darauf an, ob das beworbene Produkt tatsächlich wirkt. Wer also z.B. ätherische Öle zur Linderung von Erkältungskrankheiten bewirbt, muss sich an die Regeln des HWG halten. Das Gleiche gilt zum Beispiel für Schlaftherapien, Massagen oder medizinische Bäder.

Die zentrale Vorschrift im Heilmittelwerberecht findet sich in § 3 HWG. Hier ist das Irreführungsverbot geregelt. Verboten ist es danach insbesondere:

  • Heilmitteln eine Wirksamkeit oder Wirkungen beizulegen, die sie nicht haben,
  • fälschlich den Eindruck zu erwecken, dass ein Erfolg mit Sicherheit erwartet werden kann,
  • unwahre oder täuschende Angaben über die Zusammensetzung oder Beschaffenheit des Heilmittels oder über die Befähigung und Erfolge des Herstellers zu machen.

 

Am häufigsten werden Wirksamkeitsaussagen abgemahnt und über sie gestritten. Hier ist die Rechtsprechung besonders streng. Wirksamkeitsaussagen müssen in aller Regel durch wissenschaftliche Nachweise belegt sein; sonst sind sie verboten. Dies stellt insbesondere Hersteller und Vertreiber von neuen und/oder alternativen Heilmitteln regelmäßig vor große Herausforderungen.

Gestritten wurde in der jüngeren Vergangenheit zum Beispiel über die therapeutische Wirksamkeit von Magneten, Steinen, bestimmten Lebens- oder Nahrungsergänzungsmitteln, Produkten aus dem Bereich der Esoterik oder homöopathischen Mitteln; zumeist mit ungünstigem Ausgang (also einem Werbeverbot) für die Hersteller und Vertreiber.

Irreführende Werbung nach § 3 HWG ist übrigens nach § 14 HWG auch strafbar.

Erwähnenswert sind ferner das Zuwendungsverbot (§ 7 HWG) und verschiedene Werbebeschränkungen in § 11 HWG für die Werbung außerhalb der Fachkreise (also gegenüber dem „normalen“ Verbraucher), so insbesondere:

  • Es darf nicht mit Testimonials von bekannten Wissenschaftlern oder im Gesundheitswesen tätigen Personen geworben werden, 11 Abs. 1 Nr. 2 HWG.
  • Es darf nicht in missbräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise mit Krankengeschichten geworben werden, 11 Abs. 1 Nr. 3 HWG.
  • Es darf nicht mit Testimonials von Dritten (insbesondere Dank-, Anerkennungs- oder Empfehlungsschreiben) in missbräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise geworben werden, 11 Abs. 1 Nr. 11 HWG.

2. Warum können Verstöße gegen das HWG durch Verbände abgemahnt werden?

Die Werbeverbote und Werbebeschränkungen des HWG gelten als Marktverhaltensregelungen und können unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs nach § 3a UWG abgemahnt werden. Zudem können für Heilmittelwerbungen natürlich auch die allgemeinen Irreführungsverbote der § 5 UWG und § 5a UWG greifen, die ebenfalls abgemahnt werden können.

Die Abmahnbefugnis auch für Verstöße gegen das Heilmittelwerberecht leiten Verbände, Vereine und Kammern aus § 8 Abs. 3 Nr. 2., 3., 4. UWG her. Mehr zur Abmahnbefugnis erfahren Sie hier: „Warum dürfen Verbände, Vereine und Kammern abmahnen?“.

3. Häufiger Abmahngrund: Irreführende Werbung mit nicht vorhandenen Wirkungen

Die irreführende Werbung mit nicht vorhandenen Wirkungen ist der mit Abstand am häufigsten auftretende Abmahngrund im Bereich des Heilmittelwerberechts und nach § 3 Nr. 1 HWG verboten. Die Rechtsprechung ist hier sehr streng. Dies liegt daran, dass der Gesundheitsschutz der Öffentlichkeit besonders schwer ins Gewicht fällt und weiterhin der Verbraucher für Werbeaussagen im Bereich der Heilmittel besonders empfänglich ist.

Für Wirkungen, die Wirksamkeit oder die Wirkweise darf in den allermeisten Fällen nur geworben werden, wenn die Behauptungen einem gesicherten Stand wissenschaftlicher Erkenntnis entsprechen. Es müssen also regelmäßig wissenschaftliche Studien für die Wirkbehauptungen vorliegen. Werbeaussagen, die auf eigene Beobachtungen oder Vermutungen der Wirksamkeit basieren, sind unzulässig.

Dabei kommt man häufig schneller in den Bereich der heilmittelrechtlich relevanten Wirkaussagen als man zunächst annimmt, z.B. mit Aussagen wie „…stärkt Ihre Abwehrkräfte…“, „…reduziert Falten…“, „…lässt Sie Gewicht verlieren…“, „…wirkt gegen das Altern…“, „Detox“ oder „…aktiviert Ihren Stoffwechsel…“. 

Händler dürfen sich bei der Werbung mit der Wirksamkeit eines Produktes nicht auf die Angaben des Herstellers zurückziehen. Übernehmen sie dessen Angaben, haften Sie auch für deren Richtigkeit.

Nachfolgend listen wir einige Beispiele für wettbewerbsrechtliche Verfahren gegen Heilmittelwerbeaussagen auf, die von Verbänden, Vereinen oder Kammern geführt wurden:

 

4. Häufiger Abmahngrund: Versprechen eines Therapieerfolgs

Wird fälschlich in der Werbung der Eindruck erweckt, dass ein Therapieerfolg mit Sicherheit erwartet werden kann, kann dies unzulässig gemäß § 3 Nr. 2 a) HWG sein. Auch hier greift das Verbot schneller, als es Herstellern und Vertreibern oft lieb ist; nachfolgend einige Beispiele aus der jüngeren Rechtsprechung:

5. Häufiger Abmahngrund: Werbung mit (nicht)wissenschaftlichen Studien

Als irreführend nach § 3 HWG ist auch Werbung verboten, die auf Wirksamkeitsstudien verweist, die nicht wissenschaftlichen Anforderungen genügen oder wenn eine in Bezug genommene Studie, die in der Werbung getätigten Wirksamkeitsaussagen nicht trägt.

Studienergebnisse, die in der Werbung oder im Prozess als Beleg einer gesundheitsbezogenen Aussage angeführt werden, sind grundsätzlich nur dann hinreichend aussagekräftig, wenn sie nach den anerkannten Regeln und Grundsätzen wissenschaftlicher Forschung durchgeführt und ausgewertet wurden. Der BGH verlangt dafür im Regelfall eine randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudie mit einer adäquaten statistischen Auswertung, die durch Veröffentlichung in den Diskussionsprozess der Fachwelt einbezogen worden ist (BGH, Urteil vom 06.02.2013, Az.: I ZR 62/11 – Basisinsulin mit Gewichtsvorteil).

Auch wenn der BGH zuerkennt, dass die Anforderungen an den Nachweis einer gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnis über die Wirksamkeit eines Heilmittels in jedem Einzelfall zu bestimmen sind, tendiert die Rechtsprechung insgesamt dazu, einen wissenschaftlichen Wirknachweis nicht ohne eine Doppelblindstudie zuzuerkennen. Die Rechtsprechung ist hier also sehr streng.

Wird mit einer fachlich zumindest umstrittenen Meinung über die Wirksamkeit eines Heilmittels geworben, muss die Gegenmeinung in der Werbung erwähnt werden.

6. Häufiger Abmahngrund: Verbotene Werbung außerhalb der Fachkreise

In § 11 HWG sind verschiedene Verbote und Einschränkungen für Werbung außerhalb der Fachkreise (also Werbung an den Verbraucher) geregelt. Diese Verbote und Einschränkungen dienen dazu, den Verbraucher nicht unsachlich bei seiner Entscheidung für oder gegen ein Heilmittel zu beeinflussen.

Es darf insbesondere in bestimmten Konstellationen nicht mit Testimonials, Krankengeschichten, Krankbildern, Proben, Mustern und Gutscheinen geworben werden.

Verstöße gegen § 11 HWG können unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs wettbewerbsrechtlich abgemahnt werden, denn die Vorschrift stellt Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 3a UWG auf.

Nachfolgend listen wir einige gerichtliche Entscheidungen auf, die von Verbänden, Vereinen oder Kammern zu § 11 HWG herbeigeführt wurden auf: