Unterlassungserklärung abgeben ja/nein?

In der Praxis ist es üblich, dass der abmahnende Verband der Abmahnung eine vorformulierte strafbewehrte Unterlassungserklärung beifügt. Da sich nicht jeder Abgemahnte anwaltlich beraten lässt, könnte dies zunächst beruhigend für ihn wirken, gleich eine vorformulierte Erklärung zu erhalten, die er nur noch unterschreiben und an den Verband zurückschicken muss. Bei der Abgabe einer Unterlassungserklärung ist jedoch höchste Vorsicht geboten!

Richtig ist, dass eine Abmahnung nie ignoriert werden sollte. Die in der Abmahnung gesetzten Fristen, insbesondere die Frist zur Abgabe der Unterlassungserklärung, sind stets ernst zu nehmen! Gleichwohl sollte eine Unterlassungserklärung nie vorschnell unterzeichnet werden. Eine ungeprüft abgegebene Erklärung kann für den Abgemahnten später teuer werden und/oder ihn in seinem weiteren geschäftlichen Fortkommen erheblich behindern. Es ist jedem Abgemahnten dringend zu empfehlen, sich zuvor von einem spezialisierten Rechtsanwalt beraten zu lassen. Dieser erkennt gleich die Gefahren der vorformulierten Erklärung und kann eine Aussage darüber treffen, ob und wie eine Unterlassungserklärung abzugeben ist.

Wir sind eine auf wettbewerbsrechtliche Sachverhalte spezialisierte Rechtsanwaltskanzlei. Lassen Sie sich von uns beraten und vertreten. Wir helfen gern. Mehr über uns erfahren Sie in der Rubrik „Über uns“.

Inhaltsverzeichnis

1. Was ist eine Unterlassungserklärung?

2. Was ist die Rechtsfolge einer Unterlassungserklärung?

3. Welche inhaltlichen Vorraussetzungen hat eine wirksame Unterlassungserklärung?

4. Welche formellen Voraussetzungen hat eine wirksame Unterlassungserklärung?

5. Muss die beigefügte, vorformulierte Unterlassungserklärung unterschrieben werden?

6. Welche Reaktionsmöglichkeiten auf die Abmahnung gibt es?

7. Warum sollte man keine vorformulierte strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben?

8. Wann ist die Abgabe einer modifizierten Unterlassungserklärung ratsam?

9. Wann sollte keine Unterlassungserklärung abgegeben werden?

10. Fazit

1. Was ist eine Unterlassungserklärung?

Eine Unterlassungserklärung ist ein Vertrag, der zwischen dem Abmahner (Unterlassungsgläubiger) und dem Abgemahnten (Unterlassungsschuldner) geschlossen wird. Die Unterlassungserklärung wird mitunter auch als Unterwerfungserklärung oder Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung bezeichnet. Gemeint ist jedoch immer das Gleiche. Mit dem Vertrag verpflichtet sich der Unterlassungsgläubiger die in der Abmahnung behauptete Rechtsverletzung zu beseitigen und künftig nicht mehr zu wiederholen. Wesentlicher Inhalt der Unterlassungserklärung ist die Vertragsstrafe, die dann fällig wird, wenn der Unterlassungsschuldner gegen die Unterlassungsverpflichtung verstößt.

2. Was ist die Rechtsfolge einer Unterlassungserklärung?

Mit der Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung wird der vom Abmahner geltend gemachte Unterlassungsanspruch erfüllt (genauer: es wird die Wiederholungsgefahr beseitigt) und damit der Streit beigelegt.

Wichtig: Eine strafbewehrte Unterlassungserklärung stellt ein abstraktes Schuldanerkenntnis gemäß §§ 780, 781 BGB dar. Mit „abstrakt“ ist gemeint, dass die Unterlassungserklärung eine neue, selbständige Verbindlichkeit darstellt, aus der der Gläubiger bei Verstößen weitestgehend unabhängig von der materiell-rechtlichen Lage gegen den Schuldner vorgehen kann. Der Schuldner muss sich also auch dann am Unterlassungsvertrag festhalten lassen, wenn der in der Abmahnung behauptete Unterlassungsanspruch materiell-rechtlich gar nicht bestand.

3. Welche inhaltlichen Voraussetzungen hat eine wirksame Unterlassungserklärung?

Als Zeichen der Ernsthaftigkeit muss die Unterlassungserklärung das Versprechen enthalten, für den Fall einer Wiederholung an den Gläubiger eine empfindliche Vertragsstrafe zu zahlen. Mit dieser Vertragsstrafe wird die einfache Unterlassungserklärung zu einer strafbewehren Unterlassungserklärung.

Wichtig: Die Wiederholungsgefahr, kann nur durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden können – andernfalls drohen gerichtliche Maßnahmen (einstweilige Verfügung und / oder Unterlassungsklage).

Eine Unterlassungserklärung führt ferner nur dann zum Wegfall der Wiederholungsgefahr, wenn sie den bestehenden gesetzlichen Unterlassungsanspruch nach Inhalt und Umfang voll abdeckt. Darüber hinaus muss die Unterlassungserklärung grundsätzlich uneingeschränkt, unwiderruflich und bedingungslos abgegeben werden.

4. Welche formellen Voraussetzungen hat eine wirksame Unterlassungserklärung?

Die besagten §§ 780 und 781 BGB schreiben für eine Unterlassungserklärung die strenge Schriftform vor. Ein bloßes Fax oder eine E-Mail, dem kein Original der Unterlassungserklärung auf dem Postweg nachfolgt, genügen daher nicht. Für den kaufmännischen Bereich, der bei wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen in der Regel einschlägig ist, wird die Schriftform aber durch § 350 HGB aufgehoben.

5. Muss die beigefügte, vorformulierte Unterlassungserklärung unterschrieben werden?

Nein! Auch wenn der Abmahner gegen den Abgemahnten einen Unterlassungsanspruch hat, ist der Abgemahnte nicht gezwungen, die beigefügte Unterlassungserklärung zu unterzeichnen. Der Abgemahnte ist vielmehr dazu berechtigt, eine eigene, ausreichende Unterlassungserklärung zu formulieren und abzugeben.

6. Welche Reaktionsmöglichkeiten auf die Abmahnung gibt es?

Im Wesentlichen hat der Abgemahnte im Hinblick auf die Abgabe einer Unterlassungserklärung drei Reaktionsmöglichkeiten:

  • Abgabe der vorformulierten Unterlassungserklärung,
  • Abgabe einer modifizierten (veränderten) Unterlassungserklärung oder
  • es wird keine Unterlassungserklärung abgegeben.

 

Mehr dazu erfahren Sie in der Rubrik „Abmahnung erhalten? Was tun?

7. Warum sollte man keine vorformulierte strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben?

Es ist regelmäßig keine gute Idee, die von dem Verband vorformulierte Unterlassungserklärung zu unterschreiben – und zwar aus den folgenden Gründen:

  • Nicht selten sind die geltend gemachten Ansprüche des Verbandes ganz oder teilweise unberechtigt;
  • oftmals ist die vorformulierte Erklärung sehr weit gefasst, so dass der abgemahnte Unternehmer auch bei anderen Verstößen als demjenigen, der ihm durch die Abmahnung konkret vorgeworfen wird, die Vertragsstrafe zahlen muss;
  • neben der Klausel zur Unterlassungsverpflichtung finden sich oft auch Klauseln zur Übernahme von Abmahnkosten, Anerkennung von Schadensersatzansprüchen oder Auskunftsverpflichtungen. All diese Regelungen sind jedoch keine verpflichtenden Bestandteile einer Unterlassungserklärung. Hat man jedoch die vorformulierte Unterlassungserklärung unterschrieben, hat man sich vertraglich verpflichtet, auch diese Klauseln zu erfüllen.
  • Oftmals ist auch die Höhe der angedrohten Vertragsstrafe unangemessen hoch.

Hier sollte man daher sehr vorsichtig sein! Unterschreibt man einfach die beigefügte Unterlassungserklärung ohne anwaltlichen Rat, kann es im Nachhinein sehr teurer werden, wenn gegen die Bestimmungen der Erklärung verstoßen wird.

Gleichzeitig muss beachtet werden, dass einmal abgegebene Unterlassungserklärungen lebenslang gelten. Die Anfechtung oder eine Kündigung sind nur in seltenen Ausnahmefällen möglich. Es besteht deshalb ein potentiell lebenslanges Risiko für den Anfall von Vertragsstrafen, welche die Abmahnkosten schnell um ein Vielfaches übersteigen und im Einzelfall existenzbedrohliche Folgen haben können.

8. Wann ist die Abgabe einer modifizierten Unterlassungserklärung ratsam?

Die Abgabe einer modifizierten strafbewehrten Unterlassungserklärung ist in der Regel ratsam, wenn

  • die abgemahnten Rechtsverstöße sachlich und rechtlich zutreffen und
  • der Abgemahnte gewährleisten kann, dass die monierten Verstöße spätestens bis zur Abgabe der Unterlassungserklärung dauerhaft und vollständig beseitigt und nicht wiederholt werden.

In diesem Fall kann der Abgemahnte den Rechtsstreit durch Abgabe einer Unterlassungserklärung kostengünstig beenden.

Da die vorformulierte strafbewehrte Unterlassungserklärung häufig zu weit gefasst ist, sollte sie in rechtlicher Hinsicht im Sinne des Abgemahnten jedoch modifiziert, d. h. angepasst werden. Die Reichweite der Unterlassungsverpflichtung kann oft beschränkt werden. Auch nachteilige Regelungen betreffend anfallende Kosten können häufig geändert werden. Darüber hinaus kann die Höhe der Vertragsstrafe oftmals reduziert werden oder eine Vertragsstrafe nach Hamburger Brauch vereinbart werden. Bei einer Vertragsstrafe nach Hamburger Brauch wird diese nicht in einer festen Summe vereinbart, sondern dem Gläubiger die Bestimmung der Höhe nach billigem Ermessen übertragen, wobei die Höhe sodann von einem Gericht überprüft werden kann.

Bei einer modifizierten Unterlassungserklärung ist insbesondere zu beachten, dass deren Akzeptanz seitens des abmahnenden Verbandes oft von einzelnen Formulierungen abhängt. Falls der Verband die Unterlassungserklärung nicht als ausreichend erachtet, ist mit einem gerichtlichen Antrag auf Erlass einer einstweilige Verfügung oder mit einer Unterlassungsklage zu rechnen. Aus diesem Grund sollte unbedingt ein Fachanwalt die modifizierte Unterlassungserklärung verfassen. Von dem Rechtsanwalt seines Vertrauens wird der Abgemahnte auch erfahren, welche Maßnahmen in seinem konkreten Fall ergriffen werden müssen, um den Anfall einer Vertragsstrafe zu vermeiden.

9. Wann sollte keine Unterlassungserklärung abgegeben werden?

Es ist selbsterklärend, dass keine Unterlassungserklärung abgegeben werden sollte, wenn der abgemahnte Unternehmer der Auffassung ist, die Abmahnung sei unberechtigt, insbesondere wenn das abgemahnte Verhalten gar nicht rechtswidrig ist. In diesem Fall sollte aber unbedingt die Hinterlegung einer Schutzschrift erwogen werden, da der abmahnende Verband sonst unter Umständen eine unberechtigte einstweilige Verfügung erwirken kann, an deren Verbot sich der Abgemahnte zumindest bis zur Entscheidung über einen Widerspruch halten müsste.

Kann die monierte Rechtsverletzung in der Zukunft nicht mit Sicherheit abgestellt werden, ist dem Abgemahnten ebenfalls zu raten, keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. In diesem Fall wird er zwar die Mehrkosten eines Gerichtsverfahrens in Kauf nehmen müssen, was bei hohen Streitwerten durchaus erhebliche Kosten nach sich ziehen kann. Die durch das gerichtliche Verfahren ausgelösten Kosten liegen jedoch oftmals unter dem Kostenrisiko von (ggf. mehrfach anfallenden) Vertragsstrafen.

Alternativ zur Unterlassungserklärung kann der Abgemahnte auch einfach abwarten, ob der Verband den Unterlassungsanspruch überhaupt vor Gericht einklagt. Dies macht nämlich – anders als das Abschicken von Abmahnschreiben – deutlich mehr Aufwand und birgt auch stets das Risiko, dass ein Gericht die Sach- und Rechtslage anders einschätzt als der abmahnende Verband. Zu solchem Verhalten ist aber – wenn überhaupt – nur dann zu raten, wenn es wahrscheinlich ist, dass der behauptete Rechtsverstoß nicht vorliegt.

Schließlich kann es auch aus taktischen Gründen sinnvoll sein, bewusst eine gerichtliche Verurteilung in Kauf zu nehmen, um das Verfolgungsinteresse des Verbandes im Hinblick auf die Generierung von Vertragsstrafen zu reduzieren:

Hat der Abgemahnte sich gegenüber dem Verband vertragsstrafenbewehrt unterworfen, hat dieser ein erhebliches Interesse daran, künftig zu kontrollieren, ob der Abgemahnte sich an die abgegebene Unterlassungserklärung hält. Spürt er nämlich einen Verstoß auf, dann kann er eine Vertragsstrafe fordern, vereinfacht gesagt mit der Unterlassungserklärung „Geld verdienen“.

Bei Verstößen gegen eine einstweilige Verfügung oder ein Unterlassungsurteil muss der Abgemahnte zwar auch ein behördliches Ordnungsgeld zahlen. Derartige Ordnungsgelder werden aber nur auf Antrag festgesetzt und fallen regelmäßig niedriger aus als eine Vertragsstrafe. Vor allem jedoch fließt die zu zahlende Summe nicht an den abmahnenden Verband selbst, sondern an den Staat. Vor diesem Hintergrund bedeuteen die Beantragung und Durchsetzung eines Ordnungsmittels für den Abmahner zunächst einmal nur Aufwand ohne finanziellen Profit. Sofern der Verband also „nur“ einen Unterlassungstitel gegen den Abgemahnten in der Hand hat, ist dessen Interesse in der Praxis deutlich geringer, den Abgemahnten ständig zu kontrollieren.

10. Fazit

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass es keine allein „richtige“ Antwort darauf gibt, ob eine Unterlassungserklärung abzugeben ist – es kommt immer auf den Einzelfall an. Aufgrund der gravierenden Folgen sollte eine strafbewehrte Unterlassungserklärung jedoch nie ungeprüft unterschrieben werden.

Wird eine (modifizierte) Unterlassungserklärung abgegeben, sollte der Erklärende sicherstellen, dass es nicht zu weiteren Verstößen kommt. Anderenfalls ist (ggf. mehreren) empfindlichen Vertragsstrafen zu rechnen.

Sie haben eine Abmahnung erhalten und wissen nicht, ob und welche Unterlassungserklärung Sie abgeben sollten? Melden Sie sich gern bei uns. Wir sind eine auf wettbewerbsrechtliche Sachverhalte spezialisierte Rechtsanwaltskanzlei. Mehr über uns erfahren Sie hier: Über uns. Wir können Sie zur Berechtigung der Abmahnung und zu den notwendigen Folgeschritten beraten und verteidigen Sie. Beachten Sie unbedingt die in der Abmahnung gesetzten Fristen, denn sonst können teure, ggf. vermeidbare Gerichtsverfahren drohen.