Abmahnung wegen Health Claims, Gesundheitsangaben nach HCVO (Health-Claims-Verordnung)
Gesundheitliche Aspekte von Lebensmitteln spielen bei deren erfolgreicher Bewerbung und Vermarktung eine immer wichtigere Rolle. Der moderne Verbraucher isst und trinkt gesundheitsbewusst und fühlt sich von gesundheitsbezogener Werbung in besonderem Maße angesprochen. Um Verbraucher jedoch vor unlauterer Irreführung zu schützen, ist Gesundheitswerbung nur in engen Grenzen zulässig. Gesundheitsversprechen (sog. Health Claims) in Bezug auf Lebensmittel unterliegen nämlich den strengen rechtlichen Anforderungen der Health-Claims-Verordnung (HCVO), die in allen EU-Mitgliedsstaaten unmittelbar Anwendung findet. In der jüngeren Vergangenheit wurden viele Händler wegen allzu weitgehender Gesundheitsangaben abgemahnt; dies insbesondere von abmahnbefugten Verbänden. Nachfolgend sollen kurz der gesetzliche Hintergrund der Abmahnbarkeit von Gesundheitsangaben und einige typische unwirksame Health Claims erläutert werden.
Sie haben eine Abmahnung wegen einer oder mehrerer vermeintlich unzulässiger Gesundheitsabgaben (Health Claims) erhalten? Wir sind eine auf wettbewerbsrechtliche Sachverhalte spezialisierte Rechtsanwaltskanzlei. Lassen Sie sich von uns beraten und vertreten. Wir helfen gern. Mehr über uns erfahren Sie in der Rubrik „Über uns“.
Inhaltsverzeichnis
1. Was sind Health Claims und wann findet die Health-Claims-Verordnung Anwendung?
2. Wen betrifft die Health-Claims-Verordnung?
3. Health Claims – Was ist erlaubt?
4. Häufiger Abmahngrund: Angabe „bekömmlich“
5. Häufiger Abmahngrund: Angabe „Low Carb“
6. Häufiger Abmahngrund: gesundheitsbezogene Angaben zu sog. „Botanicals“
7. Häufiger Abmahngrund: unzulässige „Beauty Claims“
8. Häufiger Abmahngrund: Angaben zur Gewichtsreduzierung und -kontrolle
1.Was sind Health Claims und wann findet die Health-Claims-Verordnung Anwendung?
Die Health-Claims-Verordnung regelt, welche nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben (sog. Health Claims) in der Werbung für Lebensmittel verwendeten werden dürfen. Hierbei gelten auch Nahrungsergänzungsmittel als Lebensmittel.
Eine „gesundheitsbezogene Angabe“ ist gemäß Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 HCVO
„jede Angabe, mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Zusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits besteht.“
Ein Health Claim bewirbt folglich eine gesundheitsfördernde Wirkung eines Lebensmittels. Der zugrunde liegende Gesundheitsbegriff umfasst auch das seelische Gleichgewicht. Gesundheitsbezogen sind beispielweise Angaben wie „Stärkt die Abwehrkräfte“, „unterstützt beim Stoffwechsel“ oder „Senkt den Cholesterinspiegel“.
Entgegen dem Wortlaut umfasst der Regelungsbereich der Health-Claims-Verordnung aber auch nährwertbezogene Angaben. Nährwertbezogene Angaben sind Aussagen oder Darstellungen auf einer Lebensmittelverpackung oder in der Werbung, die vermitteln, dass ein Produkt einen besonderen Nährwert besitzt, wodurch die Wertigkeit des Lebensmittels in der Ernährung zunimmt. Nährwertbezogene Angaben sind Angaben, die etwa besagen, dass ein Produkt besonders wenig Zucker oder Fett enthält.
Darüber hinaus findet die Health-Claims-Verordnung auch bei Handelsmarken, sonstigen Markennamen und Fantasiebezeichnungen Anwendung, die als nährwert- oder gesundheitsbezogene Angaben ausgelegt werden können. Ferner kommt die Verordnung auch bei Aussagen über die Reduzierung von Krankheitsrisiken und auf solche mit Kinderbezug zur Anwendung.
Keine nähwert- oder gesundheitsbezogenen Angaben sind insbesondere allgemeine werbliche Übertreibungen. Werbeaussagen, nach denen ein Energy-Drink Flügel verleiht oder Fruchtgummi Kinder froh macht, unterfallen nicht der HCVO. Auch allgemeine Bezeichnungen, die traditionell zur Angabe einer Eigenschaft einer Kategorie von Lebensmitteln verwendet werden, die Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit haben könnten, (wie z.B. „Hustenbonbon“), sind ausgenommen. Ab wann eine unter die HCVO fallende Angabe vorliegt, ist einzelfallbezogen zu beantworten.
Achtung: Health Claims müssen von Heilversprechen unterschieden werden. Wirbt ein Hersteller damit, dass sein Produkt Krankheiten oder andere Leiden heilen oder verhindern könne, ist er ein Anbieter von Heilmitteln und nicht mehr (nur) von Lebens- bzw. Nahrungsergänzungsmitteln. In dem Fall findet die Health-Claims-Verordnung keine Anwendung. Zu beachten ist dann insbesondere das Heilmittelwerbegesetz (HWG). Verstöße gegen das HWG werden auch häufig abgemahnt, mehr dazu erfahren Sie hier.
2. Wen betrifft die Health-Claims-Verordnung?
Die Verordnung geht grundsätzlich jeden an, der beruflich in irgendeiner Form mit Lebens- oder Nahrungsergänzungsmitteln zu tun hat. Online-Händler müssen die HCVO ebenso beachten wie die Hersteller der Produkte, da die Verordnung jeden betrifft, der innerhalb der EU Lebens- oder Nahrungsergänzungsmitteln in den Verkehr bringt, kennzeichnet oder bewirbt.
3. Health Claims – Was ist erlaubt?
Bei der Werbung mit gesundheitsbezogenen Angaben besteht ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt: Gesundheitsbezogene Angaben sind nach Art. 10 Abs. 1 HCVO grundsätzlich verboten, es sei denn, sie sind nach der Verordnung ausdrücklich zugelassen.
Die Europäische Kommission hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) beauftragt zu prüfen, was hinter in den Werbeslogans steckt und welche der Gesundheitsversprechen tatsächlich wahr sind. Auf dieser Grundlage erstellte die EU-Kommission eine Liste mit zulässigen gesundheitsbezogenen Aussagen. Health Claims sind daher nur bei vorangegangener inhaltlicher Überprüfung und einer anschließenden Aufnahme in Zulassungslisten gestattet. Den Unternehmen steht es ferner frei, die Zulassung weiterer Angaben durch ein behördliches Verfahren zu beantragen.
Eine alphabetische Auflistung der zugelassenen Angaben findet sich im Anhang der Verordnung 432/2012 sowie auf dieser von der EU-Kommission verwalteten Webseite (EN).
Nach der Liste sind unter anderem folgenden Aussagen zulässig:
- „Magnesium trägt zur Verringerung von Müdigkeit und Ermüdung bei.“;
- „Vitamin C erhöht die Eisenaufnahme.“;
- „Wasser trägt zur Erhaltung normaler körperlicher und kognitiver Funktionen bei.“
Alle Aussagen stehen aber unter weiteren Bedingungen, welche ebenfalls dem Anhang der Verordnung bzw. der EU-Datenbank entnommen werden können. So ist die obige Angabe zu Wasser nur zulässig, wenn der Verbraucher gleichzeitig darüber unterrichtet wird, dass täglich mindestens 2,0 l Wasser verzehrt werden sollten, um die angegebene Wirkung zu erzielen.
Weiter sieht die HCVO vor, dass gesundheitsbezogene Angaben nur gemacht werden dürfen, wenn bestimmte Hinweispflichten des Art. 10 Abs. 2 HCVO beachtet werden.
Neben einer Liste für die zulässigen Health Claims gibt es auch eine Liste für die zulässigen nährwertbezogenen Angaben. Diese befindet sich im Anhang der HVCO. Wenn Lebensmittel mit nährwertbezogenen Angaben beworben werden, müssen diese Aussagen wahr und zutreffend sein. Jegliche Angaben, die mit der jeweiligen Überschrift (z.B. „fettarm“, „zuckerfrei“ oder „natriumarm“) identisch oder nach dem Verbraucherverständnis voraussichtlich bedeutungsgleich sind, müssen die angegebenen Kriterien einhalten.
Darüber hinaus unterliegen sowohl die gesundheits- als auch nährwertbezogenen Angaben den allgemeinen Bedingungen des Art. 3 und Art. 5 HCVO.
Eine Übersicht der zugelassenen und abgelehnten Angaben über die Reduzierung von Krankheitsrisiken (sog. „Risk Reduction Claims“) findet sich in den Anhängen der Verordnungen 1226/2014 und 1228/2014.
Zulässig ist beispielweise folgende krankheitsbezogene Aussage, die nur für Fette und Öle verwendet werden darf:
„Die Verwendung ungesättigter Fettsäuren anstelle gesättigter Fettsäuren in der Ernährung senkt/reduziert nachweislich den Cholesterinspiegel im Blut. Ein hoher Cholesterinwert gehört zu den Risikofaktoren der koronaren Herzerkrankung.“
Neben der Zulassungspflicht der Angaben muss bei der Verwendung von krankheitsreduzierenden Angaben zusätzlichen Hinweispflichten nach Art. 14 Abs. 2 HCVO genügt werden.
Für die Angaben über die Entwicklung und die Gesundheit von Kindern (z. B. Angaben „Lernstark“ und „Mit Eisen … zur Unterstützung der Konzentrationsfähigkeit“ für einen Kindersaft) ist ebenfalls eine ausdrückliche Genehmigung im Rahmen des Einzelzulassungsverfahrens notwendig.
Verstöße gegen die vorgenannten Vorgaben führen zur Unzulässigkeit der Angabe. Unzulässige gesundheitsbezogene Angaben (Health Claims) stellen jedoch nicht nur einen Verstoß gegen die Health-Claims-Verordnung dar. Weil diese Regelungen auch zur Steuerung des Marktverhaltens insgesamt bestimmt sind und Verbraucher schützen sollen, können Verstöße insbesondere nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (§ 3a UWG – Rechtsbruch) abgemahnt werden.
Wie aus den hiesigen Ausführungen ersichtlich wird, handelt es sich bei den Health-Claims um ein sehr komplexes Regelwerk, so dass Händler, die auf gesundheits- und/oder nährwertbezogene Angaben zurückgreifen möchten, stets die Beratung durch einen spezialisierten Rechtsanwalt erwägen sollten.
4. Häufiger Abmahngrund: Angabe „bekömmlich“
Um auszudrücken, dass ein Lebendmittel besonders wohltuend sei, wird es häufig mit der Angabe „bekömmlich“ beworben. Was die Werbenden aber oftmals nicht bedenken, ist, dass es sich bei diesem Begriff um eine „gesundheitsbezogene Angabe“ im Sinne von HCVO handelt. Nach ständiger Rechtsprechung wird die Angabe „bekömmlich“ durch die angesprochenen Verkehrskreise als „gesund“, „zuträglich“ und „leicht verdaulich“ verstanden. Er bringt bei einer Verwendung für Lebensmittel zum Ausdruck, dass dieses im Verdauungssystem gut aufgenommen und – auch bei dauerhaftem Konsum – gut vertragen wird. Da die mit der Angabe „bekömmlich“ beworbenen Lebensmittel diesen Anforderungen oftmals nicht entsprechen, werden die Händler hier regelmäßig wegen Irreführung und Verstoß gegen HCVO abgemahnt.
Besonders oft werden alkoholische Getränke wie Bier, Wein und Likör mit der Angabe „bekömmlich“ beworben. Dabei ist bei Lebensmitteln mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 % die Verwendung gesundheitsbezogener Angaben nach Art. 4 Abs. 3 HCVO sogar per se verboten. Nährwertbezogene Angaben dürfen nur darüber gemacht werden, dass ein geringer Alkoholgehalt enthalten ist oder dass Alkohol oder Brennwert reduziert wurden. Die Angabe „bekömmlich“ ist insgesamt sehr umstritten und in den meisten Fällen unzulässig.
Nachfolgend listen wir einige Beispiele für Wettbewerbsverfahren auf, in denen die Zulässigkeit der Werbung mit der Angabe „bekömmlich“ Gegenstand war:
- Gesundheitsbezogene Werbung für „bekömmlichen Bio Kaffee“ ist wettbewerbswidrig, OLG München, Beschluss vom 11. Februar 2020, Az.: 29 W 1562/19;
- Bezeichnung „bekömmlich“ für einen Likör ist wettbewerbswidrig, LG Essen, Beschluss vom 15. März 2019, Az.: 43 O 16/19;
- Bezeichnung „bekömmlich“ für Bier ist wettbewerbswidrig, BGH, Urteil vom 17.05.2018, Az.: I ZR 252/16;
- Bezeichnung „bekömmlich“ für Wein ist wettbewerbswidrig, EuGH, Urt. v. 6. 9. 2012 – C-544/10 – Deutsches Weintor eG/Land Rheinland-Pfalz.
5. Häufiger Abmahngrund: Angabe „Low Carb“
Der Trend zum „Low Carb” hält sich schon seit Jahren und natürlich wollen davon auch Lebensmittelproduzenten und -händler profitieren. Auf die Aussage „Low Carb” oder „mit wenig Kalorien” sollte aber entweder verzichtet werden oder man lässt sich zumindest vorab anwaltlich zur Zulässigkeit beraten. Derzeit kursieren dazu immer wieder Abmahnungen.
In der Rechtsprechung ist derzeit umstritten, ob es sich bei der Angabe „Low Carb“ um eine nährwert- als auch eine gesundheitsbezogene Angabe im Sinne der Health-Claims-Verordnung handelt oder nicht.
Nach überwiegender Auffassung weist die Angabe „Low Carb“ auf eine geringe Menge von Nährstoffen – Kohlehydrate – hin und werde daher von der HCVO erfasst. Nach der Verordnung dürfen nährwertbezogene Angaben nur gemacht werden, wenn sie explizit im Anhang der HCVO aufgeführt sind und den darin vorgesehenen Bedingungen entsprechen. Da sich im Anhang zur HCVO bezogen auf einen geringen – nicht geringeren – Kohlehydratgehalt von Lebensmitteln keine spezifische nährwertbezogene Angabe findet, wäre die Angabe „Low Carb“ nach dieser Auffassung unzulässig und könnte abgemahnt werden.
Nach anderer Auffassung stellt die Angabe „Low Carb“ keine nährwertbezogene Angabe im Sinne der HCVO dar, sondern nur eine Bezeichnung, die ein Produkt im Rahmen eines allgemeinen Ernährungstrends bewirbt. Es käme nicht auf die korrekte grammatikalische Übersetzung an, sondern darauf, wie die angesprochenen Verkehrskreise „Low Carb“ verstehen.“ Nach dieser Auffassung liegt daher kein Verstoß gegen HCVO vor.
Dabei sei jedoch darauf hingewiesen, dass zu diesem Thema nach unserer Kenntnis bisher noch keine höchstrichterliche Entscheidung vorliegt. Daher stellt die Bewerbung von Lebensmitteln mit der Bezeichnung „Low Carb“ derzeit immer noch ein potenzielles rechtliches Risiko dar. Wer dieses Risiko vermeiden möchte, sollte bis zu einer höchstrichterlichen Klärung der Frage auf die Bewerbung von Lebensmitteln mit der Bezeichnung „Low Carb“ verzichten.
Nachfolgend listen wir einige Beispiele für Wettbewerbsverfahren auf, in denen die Zulässigkeit der Werbung mit der Angabe „Low Carb“ Gegenstand war:
- Bezeichnung „Low Carb“ für ein Nudelprodukt ist wettbewerbswidrig, OLG Stuttgart, Urteil vom 12. Dezember 2019, Az.: 2 U 23/19;
- Bezeichnung „low carb Müsli“ stellt keine nährwertbezogene Angabe im Sinne der HCVO dar, aus dem Protokoll des LG München vom 08.05.2018 im Rahmen einer Gerichtsverhandlung, Az. 1 HK O 1318/18 (nicht veröffentlicht);
- Die Bezeichnung „Low Carb“ auf Lebensmitteln ist eine nährwertbezogene Angabe i.S.d. Health-Claims-Verordnung und verstößt mangels einer zugelassenen nährwertbezogenen Angabe zu kohlehydratarmen Produkten gegen Art. 8 Abs. 1 HCVO, LG Hamburg, Urteil vom 23. August 2019, Az.: 408 HK O 1/19;
Bezeichnung „Low Carb“ für ein Müsliprodukt ist wettbewerbswidrig, Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 24. April 2014, Az.: 3 W 27/14
6. Häufiger Abmahngrund: gesundheitsbezogene Angaben zu sog. „Botanicals“
Auch die Zulässigkeit der Gesundheitsversprechen, die sich auf die Wirkung pflanzlicher Stoffe (sogenannte „Botanicals“) beziehen, ist höchst umstritten.
Wie bereits ober erläutert, ist die Verwendung einer gesundheitsbezogenen Angabe für Lebensmittel nur zulässig, wenn die Angabe in den Listen ausdrücklich zugelassen wurde. Da die Europäische Kommission über die Zulässigkeit einer Vielzahl von beantragten gesundheitsbezogenen Angaben zu „Botanicals“ jedoch noch nicht entschieden hat, dürfen sie nach dem Übergangsrecht verwendet werden, wenn die wissenschaftlichen Nachweise für ihre Richtigkeit erbracht werden können. Dieser Wirksamkeitsnachweis obliegt nicht nur dem herstellenden sondern auch dem werbenden Unternehmen. Gesundheitsversprechen zu „Botanicals“ können daher zulässig sein, ohne, dass die Angabe in den Listen ausdrücklich zugelassen wurde. Da die wissenschaftlichen Nachweise aber oftmals fehlen oder nicht hinreichend sind, handelt es sich bei den gesundheitsbezogenen Angaben zu „Botanicals“ um einen beliebten Abmahngrund.
Nachfolgend listen wir einige Beispiele für Wettbewerbsverfahren auf, in denen die Zulässigkeit von gesundheitsbezogenen Angaben zu „Botanicals“ Gegenstand war:
- Die Bezeichnung „Kinderwunsch-Tee“ für einen Kräutertee ist unzulässig, OLG Köln, Urteil vom 21.06.2019, Az. 6 U 181/18;
- Aussagen „Durch die verbesserte Durchblutung wird die Sauerstoff- und Nährstoffversorgung der Muskulatur optimiert – eine höhere Leistung und ein effektiverer Muskelaufbau sind möglich“, „Der erhöhte Sauerstoffgehalt hilft dabei den Blutdruck zu senken“, „Durch die Gefäßerweiterung werden Schadstoffe wie z.B. Laktat leichter abtransportiert“ a. zu den in dem Produkt enthaltenen Botanicals – vorliegend Chrysin und Brassaiopsis Glomerulata ist im Sinne der HCVO unzulässig, OLG Koblenz, Urteil vom 26. September 2018 – 9 U 521/18;
- Die Bezeichnungen „Detox“ und „Detox mit Zitrone“ für Kräuterteemischungen stellen spezielle gesundheitsbezogene Angaben i.S.v. Art. 10 Abs. 1 HCVO dar und sind unzulässig, weil keine wissenschaftliche Absicherung der angeblichen Wirkungsweisen (entgiftende bzw. entschlackende Wirkung der Tees) vorliegt, BGH, Beschl. 6.12.2017, Az.: I ZR 167/16.
7. Häufiger Abmahngrund: unzulässige „Beauty Claims“
„Beauty Claims“ sind Angaben zu Eigenschaften und Aussehen von Haut, Haaren und Nägeln. Anbieter von Lebensmitteln (insbesondere Nahrungsergänzungsmitteln) nutzen diese „Beauty Claims“ für die Bewerbung ihrer Produkte. Für Kosmetikprodukte wird schon länger mit positiven Wirkungen für die Haut, Haare und Nägel geworben. Bei Nahrungsergänzungsmitteln erfreut sich die Verwendung von Aussagen zum äußeren Erscheinungsbild immer größerer Beliebtheit. Die Rechtsprechung stellt an die Verwendung von „Beauty Claims“ für Lebensmittel in der Werbung jedoch hohe Anforderungen. Da diese häufig nicht eingehalten werden, werden solche Claims immer wieder abgemahnt.
Zunächst stellt sich die Frage, ob es sich bei „Beauty Claims“ um gesundheitsbezogene Angaben im
Sinne der HCVO handelt. Wenn dies der Fall ist, müssen die Claims zugelassen und in die Listen aufgenommen sein. Wenn die Claims nicht als gesundheitsbezogene Angaben angesehen werden, dann müssen sie jedenfalls wissenschaftlich hinreichend abgesichert sein. An den wissenschaftlichen Nachweis werden von den Gerichten wiederum unterschiedliche Anforderungen gestellt. Für die betroffenen Unternehmen ist es von entscheidender Bedeutung, ob „Beauty Claims“ als gesundheitsbezogene Angaben eingestuft werden, da nicht zugelassene gesundheitsbezogene Angaben unabhängig von ihrer wissenschaftlichen Absicherung bzw. Richtigkeit immer verboten sind.
Anhand mehrerer Gerichtsentscheidungen kann festgehalten werden, dass „Beauty Claims“ für Lebensmittel als gesundheitsbezogene Angaben unter die Health-Claims-Verordnung einzuordnen sind, wenn Hautfunktionen betroffen sind. „Beauty Claims“, die nur das äußere Erscheinungsbild betreffen, fallen jedoch nicht unter die Health-Claims-Verordnung.
Nachfolgend listen wir einige Beispiele für Wettbewerbsverfahren auf, in denen die Zulässigkeit von „Beauty Claims“ Gegenstand war:
- Werbung mit „Ernährung der Haut“, die Förderung des „Stützgerüstes unserer Haut“ und die „Ernährung der Collagenstränge“ ist gesundheitsbezogen im Sinne der HCVO und unzulässig, OLG Bamberg, Hinweisbeschluss vom 05.09.2018, Az.: 3 U 99/18;
- Werbeaussagen, die suggerieren, dass durch die Einnahme des Nahrungsergänzungsmittel „Elasten-Trink-Kur“ unter anderem ein „strafferes Hautbild“, „kraftvolles Haar“ und „gesunde Nägel“ bewirkt würden, sind verbotene gesundheitsbezogene Angaben i.S.v. HCVO, LG Dortmund, Urt. 4.9.2018, Az. 25 O 358/17;
- Werbeaussagen über positive Auswirkungen der Produkte „Hautlifting-Drink“ und „Anti-Aging-Drink“ auf die Haut stellen spezielle gesundheitsbezogene Angaben i.S.v. Art. 10 Abs. 1 HCVO dar, die nicht in der Liste der zugelassenen Angaben aufgenommen und somit unzulässig sind, LG Waldshut-Tiengen, Urt. 14.9.2017, Az. 3 O 11/16 KfH (nicht veröffentlicht).
8. Häufiger Abmahngrund: Angaben zur Gewichtsreduzierung und -kontrolle
Schneller Fettverlust, bessere Sättigung, weniger Bauchumfang: Das Angebot an Lebensmitteln, die mehr oder weniger wundersam eine Gewichtsabnahme versprechen, ist groß. Anbieter dürfen allerdings nicht wahllos mit vielversprechenden Aussagen werben. Aussagen zur schlankmachenden Wirkung von Lebensmitteln sind durch die Health-Claims-Verordnung stark reglementiert.
Aussagen zur schlankmachenden Wirkung sind Angaben, die schlankmachende oder gewichtskontrollierende Eigenschaften eines Lebensmittels, die Verringerung des Hungergefühls, ein verstärktes Sättigungsgefühl oder eine verringerte Energieaufnahme durch den Verzehr eines Lebensmittels bewerben.
Laut HCVO sind Angaben zur Gewichtsreduktion nur erlaubt, wenn diese zugelassen wurden und in der sogenannten Gemeinschaftsliste aufgeführt sind. In die Liste können diese Aussagen jedoch erst aufgenommen werden, wenn die Werbenden wissenschaftlichen Nachweise erbringen, dass das Produkt die behauptete Wirkung tatsächlich besitzt. Darüber hinaus müssen die Angaben vom durchschnittlichen Verbraucher auch richtig verstanden werden. Diese Hürde haben die meisten zur Zulassung eingereichten Schlankheitsclaims nicht geschafft. Da viele Händler dennoch mit solchen Angaben werben, handelt es sich hierbei um einen häufigen Abmahngrund.
Achtung: Angaben über Dauer und Ausmaß der Gewichtsabnahme sind nach HCVO per se unzulässig!
Nachfolgend listen wir einige Beispiele für Wettbewerbsverfahren auf, in denen die Zulässigkeit von Angaben zur Gewichtsreduzierung und -kontrolle Gegenstand war:
- Die Werbung mit „Abnehmerfolgen“ durch die Anwendung des Nahrungsergänzungsmittels „Contour 3 Aktiv Kapseln“ stellt eine gesundheitsbezogene Angabe dar. Die Reduktion von Körpergewicht erfolgt nicht nur aus ästhetischen Gründen; die Notwendigkeit dessen bzw. die gesundheitlichen Auswirkungen zeigen sich bei bestehendem Übergewicht, LG Aschaffenburg, Urt. 24.7.2018, Az. 1 HK O 16/18 (nicht veröffentlicht);
- Auch wenn in einer Werbeaussage mit keinem Wort „Gesundheit“ angesprochen wird, mittelbar aber zum Ausdruck gebracht wird, die Einnahme des beworbenen Produkts führe zu einer Verringerung des Taillenumfangs, handelt es sich um eine gesundheitsbezogene Angabe. Da dies denknotwendigerweise eine Gewichtsreduzierung voraussetzt, wird ein Wirkungszusammenhang zwischen der Einnahme des Produkts und dem Fettstoffwechsel impliziert, OLG Bamberg, Beschl. v. 03.11.2017, Az. 3 U 118/17.
Sie haben eine Abmahnung wegen einer nach HCVO unzulässigen gesundheitsbezogenen Angabe erhalten? Melden Sie sich gern bei uns. Wir sind eine auf wettbewerbsrechtliche Abmahnungen spezialisierte Rechtsanwaltskanzlei. Mehr über uns erfahren Sie hier: „Über uns“. Wir können Sie zur Berechtigung der Abmahnung und zu den notwendigen Folgeschritten beraten und verteidigen Sie. Beachten Sie unbedingt die in der Abmahnung gesetzten Fristen, denn sonst können teure, ggf. vermeidbare Gerichtsverfahren drohen.